Recht zugänglich
Code of Conference 2024
I. Der FJT – Grundsätzliches und Geschichte
Der Feministische Juristinnen*tag (FJT) findet seit 1978 jährlich statt und ist als überregionale juristisch feministische Tagung im deutschsprachigen Raum einzigartig. Der FJT ist ein selbstorganisierter Raum, der sich mit feministischer Rechtswissenschaft auseinandersetzt. Er bringt seit 1978 feministische Jurist*innen zusammen – Rechtsanwält*innen und Richter*innen ebenso wie Student*innen, Rechtswissenschaftler*innen und andere rechtspolitisch aktive Feminist*innen. Teilnehmer*innen aus allen Altersgruppen kommen mit dem Ziel zusammen, die institutionellen und strukturellen Herausforderungen von feministischen und gleichstellungspolitischen Fragen im juristischen Kontext zu diskutieren sowie rechtspolitische Handlungsstrategien und politische Forderungen zu entwickeln. Neben Vorträgen, Workshops und Podien zu verschiedensten Themen, stehen aber auch Vernetzung und Austausch im Vordergrund. Der FJT bietet damit seinen Teilnehmenden jedes Jahr die Chance, Kenntnisse zu vertiefen, Netzwerke zu stärken und sich bei der Planung der beruflichen Laufbahn zu unterstützen.
Der FJT entstand aus der Idee heraus, einen Raum für Frauen in juristischen Berufen zu schaffen, in dem gegenseitiges Empowerment, die Unterstützung und gemeinsame politische Arbeit für feministische Rechtswissenschaft und eine feministische Rechtspraxis im Vordergrund stehen. Aus dieser Tradition heraus entwickelt sich der FJT seit Jahren hin zu einem Raum, in dem durch das Patriarchat marginalisierte Gruppen im juristischen Kontext zusammenfinden können und dabei auch inhaltliche Beachtung finden.
Evaluationen und Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen, dass das Interesse und der Bedarf an der Teilnahme am FJT und der damit verbundenen Möglichkeit des fachlichen Austauschs und der Vernetzung unter Jurist*innen und rechtspolitisch Engagierten kontinuierlich steigen. Gleichzeitig hat der FJT entsprechend gesamtgesellschaftlicher Entwicklung keine diskriminierungsfreie Geschichte und sieht sich selbst - etwa mit Blick auf Intersektionalität und Inklusion - vor vielen Aufgaben, um diskriminierungsfreier zu werden. Entwicklungspotentiale der letzten Rückmeldungen und bisherigen Evaluation sollen aufgegriffen werden und ein Beitrag dazu geleistet werden, dass der FJT selbst kontinuierlich zugänglicher wird.
Der FJT 2024 möchte dem Oberthema Recht zugänglich nicht ausschließlich durch die inhaltliche Gestaltung, die auch ihre Grenzen hat, der Konferenz gerecht werden. Der Code of Conference, Transparenz sowie Verantwortungsübernahme gehören daher u.a. zu den Aufgaben für den FJT 2024. Das ehrenamtliche Organisations- und Inhaltsteam 2024 hat den Staffelstab aus Frankfurt übernommen und lädt bereits hier ein, sich ggf. für den FJT im Jahr 2025 zu engagieren. In der vorbereitenden Arbeit für den FJT 2024 spielen Fragen von bspw. Zugänglichkeit, Diskriminierungsabbau, Möglichkeiten und Grenzen von Förderung oder der Umgang mit Konflikten in feministischen Bewegungen immer wieder eine Rolle. Noch weit entfernt davon, hier angemessen zu arbeiten, wurde u.a. eine AG zum Umgang mit Konflikten eingerichtet und auch die Struktur-AG wird sich über diesen FJT hinaus mit diesen Fragen beschäftigen.
Um patriarchale Strukturen im Diskussionsraum geringer zu halten, sind cis Männer nach wie vor von der Veranstaltung ausgeschlossen.
II. Selbstverständnis des FJT 2024 – VISION
Angesichts der Zunahme von rechten Strukturen in der Gesellschaft, die öffentlich auf Gewalt und Ausgrenzung setzen und dadurch eine massive Bedrohung für alle marginalisierten Gruppen darstellen, sowie alltägliche, institutionelle und strukturelle Diskriminierungen in allen Bereichen des Lebens der globalen Migrationsgesellschaft sind intersektional-feministische Kämpfe so wichtig wie nie.
“Öffnung und Zugänglichkeit" sind seit Gründung des FJT fortdauernde Thematiken und Anliegen. Auch 2024 werden diese Thematiken neben struktureller Einbettung auch inhaltlich in Arbeitsgemeinschaften, auf Podien und im Plenum aufgegriffen und weiter diskutiert werden.
Der FJT möchte eine zunehmend intersektional feministische Veranstaltung sein bzw. werden. Dies bedeutet für den FJT 2024 zum einen bewährte Konzepte auszubauen und zu stärken sowie zum anderen notwendige transformative Prozesse in der Organisation und Planung in Gang zu bringen und umzusetzen. Resolutionen, Fachstellungnahmen und Strukturentscheidungen werden in FJT-öffentlichen Aushängen, im Zwischen- und Abschlussplenum vorbereitet, vorgestellt und als FJT abgestimmt. Alle Teilnehmenden sind ganz herzlich eingeladen, an Entwicklungen und Entscheidungen beizutragen.
An vielen Punkten werden wir noch scheitern, aber Ziel des FJT ist es – in gegebenen institutionellen und Gruppenspezifischen Möglichkeiten und Grenzen für den FJT 2024 –, für alle Teilnehmenden ein möglichst diskriminierungsfreieres Umfeld zu gestalten, in dem insbesondere unter den ehrenamtlich Organisierenden, den Gästen und Teilnehmenden ein respektvoller und gleichberechtigter Umgang stattfinden kann und gemeinschaftlich dafür Verantwortung übernommen wird.
Um Diskriminierung wirksam zu begegnen, geht der FJT über ein rein rechtliches Verständnis von Diskriminierungen hinaus. Das Antisdiskriminierungsverständnis des FJT soll möglichst alle Diskriminierungsdimensionen einbeziehen. Diskriminierung soll zudem macht-, patriarchatskritisch und intersektional gedacht werden.
Grundsätzlich soll beim Umgang mit Diskriminierungen der Effekt der Diskriminierung und nicht die Intention dahinter im Vordergrund stehen. Machtverhältnisse innerhalb des FJT, wie z.B. auf Grund von unterschiedlicher Herkunft, Klasse, Generationen, Wissen-Hierarchien, etc. sollen anerkannt werden und in der gemeinsamen Vorbereitung und Arbeit aller auf dem FJT ausgeglichen werden. Ist die Auswirkung dieser Machtverhältnisse unumgänglich geschehen, sollte ihr entgegengewirkt werden. Maßnahmen auf inhaltlicher, methodischer und struktureller Ebene sollen von Beginn an gesellschaftspolitische Entwicklungen und qualitative Anforderungen an Gleichstellung, Inklusion, Antidiskriminierung und Intersektionalität sowie Zugänge zu Recht im Rahmen der aktuellen Beschlusslagen des FJTs berücksichtigen. Für den FJT 2024 wird dies innerhalb der ehrenamtlichen Organisations- und Inhaltsgruppe nicht allein Querschnittsarbeit sein; so wird auch eine AG Zugänglichkeit spezifisch dazu arbeiten.
Der FJT 2024 versteht unter Gender-, Antidiskriminierung-, Diversity- und Inklusionsmainstreaming nicht bei einzelnen Maßnahmen stehenzubleiben, sondern sich horizontal, intersektional und machtkritisch in eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Auseinandersetzung für mehr Gleichstellung auf allen Ebenen vor, während und nach dem FJT zu begeben. Wir wollen uns fortlaufend etwa mit eigenen Ausschlussmechanismen und Benachteiligungen im Rahmen der Arbeit innerhalb der Orga- und Inhaltsgruppe beschäftigen, setzen während der Konferenz bereits mit der Begrüßung einen entsprechenden Rahmen und führen diese Arbeit nicht nur im Rahmen der Evaluation, sondern auch mit der Arbeit der Struktur-AG über den FJT 2024 fort.
Im Abschlussplenum werden interne Organisationsfragen besprochen und über Struktur und Verfasstheit als gesamter FJT entschieden. Über Jahre war bspw. die Frage der Anzahl der Teilnehmer*innen sehr präsent, aber auch Abstimmungsmodi oder grundlegende Fragen zum Ablauf konnten beschlossen werden. Inzwischen ist wohl die Frage am dringlichsten, wie mit den institutionellen Schattenseiten des FJT gut umgegangen werden kann. Strukturentscheidungen binden die künftigen Organisator*innen, bis ein Abschlussplenum anders entscheidet.
III. Konzept des FJT 2024 – MISSION
Fragen der Zugänglichkeit und Antidiskriminierung sind in allen Bereichen des Rechts relevant und spielen in der feministischen Debatte eine Schlüsselrolle. Unterschiedliche Verständnisse von Feminismus und feministischen Kämpfen können sowohl zu bereichernden Auseinandersetzungen als auch zu bspw. Abwertungen und Ausschlüssen führen. In der Auseinandersetzung mit Macht können wir außerdem gleichzeitig Absender*innen und Empfangende der Kritik sein.
Der FJT 2024 greift Zugänglichkeit und Antidiskriminierung als Oberthema auf und arbeitet mit einer entsprechend angepassten Veranstaltungsstruktur; insbesondere auch mit einer erhöhten Teilnehmendenzahl.
Der FJT 2024 legt ein Konzept der Zugänglichkeit und Antidiskriminierung allen Teilbereichen der Konferenz zugrunde, die zu während der Konferenz diskutiert und über die Arbeit der Struktur AG möglicherweise auch für kommende Feministische Jurist*innentage eine Grundlage werden können. Ziel ist es, die gesamte Veranstaltung in den unterschiedlichen Bereichen möglichst barriere- und diskriminierungsfrei zu gestalten und bestehende Barrieren aufzuzeigen. Entsprechend soll bspw. bei der Konferenzverpflegung, aber auch bei Unterkünften, sollte die Zugänglichkeit im Rahmen der Möglichkeiten der Förderrichtlinien mitgedacht werden. Kontingente für Unterkünfte für Referent*innen werden frühzeitig reserviert und dabei auf besondere Zugänglichkeit für Referent*innen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen und ggf. ihren Assistenzen geachtet. An der TU werden im Rahmen eines umfassenderen Raumkonzepts für unterschiedliche Bedarfe Ruheräume zur Verfügung gestellt. Eine Kinderbetreuung wird eingerichtet. Neben einem festen Infostand zur Betreuung der Konferenzteilnehmenden werden zusätzliche mobile Infopoints bei Fragen ansprechbar sein. Während der gesamten Konferenz einschließlich des Abendprogramms wird ein externes und internes Awarenessteam mit ihren Expertisen bei der Umsetzung unterstützen. Gemeinsam mit dem Awareness-Team soll ein Konzept für den FJT 2024 erarbeitet werden, in dem dieses Verständnis von Antidiskriminierung Berücksichtigung finden kann.
Durch die erstmalige Ausgestaltung als hybride Veranstaltung wollen wir sicherstellen, dass über die in diesem Jahr bereits deutlich erhöhte Teilnahmekapazität von insgesamt rund 600 Personen hinaus eine Teilnahme auch online möglich ist. Sowohl digital als auch vor Ort stehen zum Teil Gebärden-, Schrift- und ggf. Fremdsprachendolmetschende zur Verfügung, deren Bedarf ebenfalls bereits bei der Anmeldung abgefragt wird. Während der gesamten Fachtagung soll außerdem in Teilen ein Sanitätsteam vor Ort sein. Zu Zugänglichkeit und Barrieren finden sich unter den FAQ detailliertere Informationen.
Der FJT 2024 soll in Form und Inhalt im Sinne einer “walk the talk Konferenz” zusammenbringen. Erstmals sollen möglichst viele Foren inhaltliche Entsprechung in Arbeitsgemeinschaften und/oder Workshops finden, um entweder Themenschwerpunkte zu vertiefen, Interessierte zu vernetzen oder alternativ die Möglichkeit zu bieten, in verschiedenen Feldern einen Überblick zu gewinnen. So wird hoffentlich der individuelle Gestaltungsspielraum bei der Teilnahme an der Konferenz erhöht.
Als selbstorganisierter Raum haben alle, die am FJT teilnehmen eine gemeinsame Verantwortung. So wünschen wir uns, dass alle den anderen mit dem Respekt, Verständnis, Geduld und dem Mitgefühl begegnet, das die Person auch zu erhalten erhofft. Wir sind alle nicht frei von Fehlern, lernen ein Leben lang und bemühen uns daher um Offenheit und Fehlerfreundlichkeit. Dies entbindet uns nicht von einer Verantwortung in Wort und Tat diskriminierungskritisch zu sein und zu werden. Wir möchten während der Veranstaltung alle in eine gemeinsame Verantwortung einladen, um einen Ort zu schaffen, in dem sich alle ihrer selbst Bewusstsein schenken, verantwortungsvoll mit sich und anderen sind, achtsam und wertschätzend miteinander umgehen. Ziel ist es, dass sich alle grundsätzlich wohl fühlen und persönliche Grenzen bewahrt werden. Um dies zu erreichen, möchten wir uns gemeinsam mit euch auf Folgendes einigen:
- Wir erkennen sowohl die Lebensrealitäten aller als auch die Identitäten und Selbstpositionierungen in Bezug auf insbesondere Geschlechtsidentitäten, Communities, Sprachen, Lebensstile, sexuellen Orientierungen und sozialen Hintergründen an und respektieren diese.
- Wir sind aufmerksam und nehmen uns auch einmal zurück, damit andere zu Wort kommen. Wir hören zu, um zu hören und nicht, um sofort zu antworten.
- Wir verwenden keine sprachlichen Ausdrücke, die Menschen diskriminieren und verletzen können. Wenn uns Fehler passieren, übernehmen wir Verantwortung für unser eigenes Handeln und entschuldigen uns.
- Die individuellen Grenzen für das Unwohlsein von einzelnen Menschen werden von allen am FJT-Beteiligten nicht kleingeredet.
- Wir bemühen uns, Fragen zu stellen, eigene Standpunkte zu hinterfragen, Kritik anzunehmen und gemeinsam zu lernen.
- Wir bemühen uns darum solidarisch zu streiten. Dies wird von uns allen u.a. Mut, Empathie und Übung erfordern.
- Es werden weder Film- oder Fotoaufnahmen von Menschen und inhaltlichen Veranstaltungen des FJTs gemacht, außer es gibt hier eindeutige Zustimmung. Postings von Bildern oder Videoaufnahmen auf Social-Media-Kanälen sollen nur gepostet werden, wenn die Zustimmung erfolgt ist.
Wenn Teilnehmende wiederholend stören, sich diskriminierend verhalten oder gewaltvoll sind, wird interveniert. Darüber hinaus kann vom Hausrecht gemacht werden und bei größeren Verstößen ein kompletter Ausschluss von der Veranstaltung erfolgen.
Da der FJT ein Ort der gemeinschaftlichen Gestaltung ist, laden wir euch ein, z.B. mit Fachstellungnahmen den FJT und die Plena zu bereichern und euch im Rahmen des FJTs 2024 an der Evaluation zu beteiligen.
Weitere Informationen und Ausführungen findet ihr auch in den FAQ.
Eure Inhalts- und Orgagruppe des FJTs 2024