Recht zugänglich
Samstag 11. Mai | 11:00 - 12:30
Wohlverhaltenspflicht im Umgangsrecht
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- Samstag 11. Mai | 11:00 - 12:30
Hybrid
H 2037
In unserer Arbeitsgruppe werden wir uns mit der in § 1684 Abs. 2 BGB normierten Wohlverhaltenspflicht im Umgangsrecht und ihren Auswirkungen auf alleinerziehende Mütter beschäftigen. Dient sie als Einfallstor für Entfremdungstheorien – auch wenn letztere durch die Wissenschaft widerlegt sind, was auch das BVerfG hervorhebt? In welchem Spannungsverhältnis steht sie zur Kindeswohldienlichkeit (§ 1626 Abs. 3 BGB)? Wird in hochstreitigen Umgangsverfahren noch ausreichend nach dem Kindeswohl und dem Kindeswillen geforscht? Inwieweit wirken sich der Beschleunigungsgrundsatz und die Pflicht zu richterlichen Vergleichsbemühungen (§§ 155, 156 FamFG) hinderlich aus beim Finden einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung? Welche Wirkungen auf das Kindeswohl haben die Instrumente zur Durchsetzung der Wohlverhaltenspflicht: Ordnungsgeld oder Ordnungshaft, (§ 89 FamFG), unmittelbarer Zwang (§ 90 FamFG), Umgangspflegschaft (§ 1684 Abs. 3 BGB), teilweiser oder völliger Entzug der elterlichen Sorge (§§ 1666 f. BGB), Schadensersatzpflicht wegen ausgefallener Umgangskontakte, Verwirkung von Ansprüchen auf Ehegattenunterhalt nach § 1579 S. 1 Nr. 7 BGB? Problematisiert wird die oft fehlende Anwendung informeller Instrumente, die den Gerichten zur Verfügung stehen.
In der Rechtspraxis ist das Kindeswohl und darüber hinaus die Sicherheit der Mütter besonders gefährdet, wenn die Beziehung zum Vater von Gewalt geprägt ist. Die Drohung mit sorgerechtlichen Konsequenzen, die Anordnung von Beratung und lösungsorientierter Begutachtung (§ 163 Abs. 2 FamFG), die Verweigerung von Umgangsbegrenzung und -ausschluss (§ 1684 Abs. 4 BGB) führen oftmals zu einer massiven Gefährdung von Mutter und Kind – bis hin zum Mord.
Anhand von Beispielen aus der Rechtsprechung wird aufgezeigt, wie die Wohlverhaltensklausel in der Rechtspraxis häufig als Mittel zur Aufrechterhaltung und Durchsetzung patriarchaler Machtstrukturen in (Nach-)Trennungsfamilien missbraucht wird. Alternativen werden zur Diskussion gestellt.
Referent*innen
Katrin Bülthoff, VAMV Bundesverband, Berlin;
RiAG a.D. Sabine Heinke, Bremen